1845 – 1909
Dir ward das schöne Erbteil
reiner Frauen
In reichem Maße, edle Frau,
geschenkt:
Der warme Blick, der sich voll
Liebe senkt
Zum Ort, wo Sorge wohnt und
Schmerz und Grauen.
Darum vermagst Du da hinein zu
schauen,
Wo Dunkel herrscht für den,
der klug sich denkt,
Ins Herz des Dichters, das
sich müht und kränkt.
Dir wird der Dichter gerne
sich vertrauen.
Dir ist er fremd, der Stolz
der sichren Herzen,
Die stolz herab auf den
Bewegten sehen;
Das Leid verachten, das sie
nicht verstehen.
Du gehst ihm nach mit
stillbewegten Blicken,
Des Sängers Lieder, die die
Welt entzücken,
Du weißt’s, sie blühen ja aus
jenen Schmerzen.
1845 – 1909
Sei mir gegrüßt, du Vater ew’ger
Söhne,
Du Felsendenkstein, mächtig
aufgestellt
Am ersten Lebenstag der
Menschenwelt,
Vater Homer in deiner blinden
Schöne.
Du König im Gewitterreich der
Töne,
Gewalt’ger Richter, der die
Wage hält,
Daß jeder Laut, den die
Verzweiflung gellt,
Im großen Lied der Anmut sich
versöhne.
Ja dieses Auge, dem in
Sturmeswehen
Der Göttervater selber sich
vertraute,
Es wurde blind von dem, was es
gesehen.
Doch wer der Menschheit
Frühlings-Morgen schaute,
Der wird vor ihr bis an den
Abend gehen,
Nur wenn sie stirbt, verstummt
auch seine Laute.
1845 – 1909
Odysseus, vom Phäakenschiff
getragen
Zu Ithakas ersehntem
Felsenstrand,
Im Traum gebettet auf das heim’sche
Land,
Erkannt’ es nicht und grüßte
es mit Klagen.
Und Du, o Mensch, vom
Lebensmeer verschlagen,
Wenn Fährmann Tod Dir bietet
seine Hand,
Was schauderst Du? was stehst
Du abgewandt?
Warum vor Deiner Heimat
solches Zagen?
Wie sich die Göttin lächelnd
zu ihm wandte
Und ihm das Auge öffnete, das
blinde,
Daß jauchzend er sein
Vaterland erkannte:
So lächelt über seinem
Menschenkinde
Der Ewige, der ihm den Führer
sandte,
Daß es zurück den Weg zum
Vater finde.